Was ansteht, ist die Betrachtung des Umstandes, dass Worte nicht immer unmittelbar in Sätzen zusammenhängen, sondern von Zeit zu Zeit auf der inneren Bühne alleine auftreten. Einzelne Worte, die ein Universum des unerschrockenen Schweigens um sich herum tragen und doch den Zugang zueinander suchen. Was haben Worte und das eigene Lebensgefühl miteinander zu tun?
Farben und Klänge von Worten sind unterschiedlich. Manche sind laut, schreien ihre Buchstabenfolge aus sich heraus, wiederholen sie unaufhörlich, suchen eine Einbettung und irren durch die Grenzenlosigkeit. Manche sind vorsichtig, zart und sanft, zeigen sich nur schamhaft verhüllt und versteckt in einer Ecke, zaghaft am Rand. Die beweglichen Worte wirbeln um die statischen herum, in einem stillen Tanz, der Formen sichtbar macht, aber keinen Festpunkt zulässt.
Als sie die Augen schließt, sieht sie plötzlich eine leere Bühne. Eine Bühne, die eine Einladung beinhaltet: etwas zu zeigen, sichtbar zu machen. Aber da ist nichts. Einfach nichts. Ein Angebot ohne Garantie. Luft, Staub, Licht – sonst nichts. Sie sehnt sich danach, in eine Geschichte aufgenommen zu werden. Teil dessen zu sein, was da vorne auf der Bühne stattfinden könnte. Sie springt. Ohne Gurt und doppelten Boden. Alles oder nichts. Findet sich auf der Bühne wieder. Ist vom Zuschauer zum Akteur geworden.
Es ist still um sie herum. Sie sitzt in ihrem Büro im zweiten Stock. Sie sitzt direkt vor dem Fenster – einem großen Fenster nach Westen. Und sie schaut hinaus. Vor ihr schwankt das dürre Dachgras des Vordachs im Wind, dahinter flirren die heftig grünen Blätter der Bäume durch die Luft. Darüber wölbt sich der blaue, sonnenlichtdurchflutete Himmel. Dürres Dachgras, grüne Blätter, blauer Himmel und alle halbe Stunde durchzieht ein roter Regionalzug das Lichter- und Farbenspiel. Einmal in diese Richtung und einmal in jene. Sie schaut ihm nach.
Sie schaut nach außen und lauscht nach innen. Vor ihr auf dem Tisch steht ein Laptop, ein ganz leises Vibrieren ist zu hören. Sie spürt die Bewegung in ihren Fingern. Lautlos gleitet sie auf ihrem Bürosessel hin und her. Der Teppich verschluckt die lautlosen Geräusche fast gänzlich. Sie hat zu tun. Ihre Finger gleiten schnell über die Tastatur, ein leises Klappern ist zu hören, aber die Buchstaben lassen sich kaum unterscheiden. Sie schaut ihnen erstaunt nach. Sinn entsteht, Welten erscheinen, Konturen werden sichtbar.
Sie denkt nach. Erledigt ihre Aufgaben. Fühlt sich aufgehoben. Spürt den eigenen Atem. Fühlt ihr Herz schlagen. Bewegt die Tasten unter ihren Fingern. Sitzt auf einem weichen Sessel und ihre Füße berühren den Boden. Plötzlich stehen die Worte vor ihr auf, richten sich stolz auf, melden sich zu Wort. Sie präsentieren sich, bieten sich an. Und auf einmal hört, spricht, schreibt und liest sie Worte, die einander die Hände reichen, die eine Melodie erklingen lassen.
Mal fährt der rote Regionalzug in die eine Richtung, mal in die andere. Akteure und Zuschauer gehen aufeinander zu. Beginnen Gespräche miteinander zu führen. Mal auf der Bühne, mal im Zuschauerraum – und manchmal auch außerhalb des Saals. Der Himmel ist noch immer blau, die leere Bühne schwarz – sie aber gewinnt ihre Souveränität zurück und bewegt sich zwischen den inneren und äußeren Dingen des Lebens. Mal mit Worten und mal ohne Worte.
Lyrik
das Nichtwort
ausgespannt
zwischen
Wort und Wort
Hilde Domin
das Nichtwort
ausgespannt
zwischen
Wort und Wort
Hilde Domin
Worte sind FReunde. Ein Wort,ein Satz aus Worten, die aus dem tiefsten Inneren kommen, kann einen FReund, eine FReundin auf die Bühne springen lassen, und die GEschichte beginnt. Liebe Sophie, danke für deine Worte an diesem Morgen, die bei mir ankomen, in meinem Sonnenzimmer, beschäftigt mit meinen musikalischen Vorbereitungen für dieses Wochenende...So fügen sich Klänge zu den Worten, und das Theaterstück kann beginnen.
AntwortenLöschenAnna