Wollen wir das Weihnachtsfest christlich feiern,
so muss in uns selbst ein Hirte und König sein.
Ein Hirte, der horchen kann auf das, was andere nicht hören.
Der mit allen Kräften der Hingebung unmittelbar unter dem Sternenhimmel wohnt.
Zu dem es Engel gelüsten kann, sich zu offenbaren.
Und ein König, der schenken kann.
Der sich von nichts anderem leiten lässt als von dem Stern in der Höhe.
Der sich aufmacht, alle seine Gaben an einer Krippe darzubringen.
Aber außer dem Hirten und dem König muss auch ein Kind in uns sein,
das jetzt geboren werden will.
Friedrich Rittelmeyer
König sein: Wenn wir auf die Welt kommen, bekommen wir ein Geschenk. Es ist ein Stern, der bei unserer Geburt mit uns geboren wird und über uns zu leuchten beginnt. Er begleitet uns das ganze Leben bis zu unserem Tod. Er leuchtet jeden Tag und jede Nacht und verlässt uns nie. Jeder Mensch hat einen persönlichen Stern, der ihm vom Kosmos für seine Lebenszeit geschenkt wird und der ihn auf seiner Reise durch die irdische Dunkelheit über Stock und Stein, Berg und Tal begleitet.
Es gibt Zeiten, da wissen wir nichts von der Existenz dieses Geschenks, denken nicht an einen Stern und vertrauen auch nicht darauf, dass er da ist und unaufhörlich leuchtet. Wir haben eine dunkle Brille vor den Augen, die Herz-Tür verschlossen oder dicke Handschuhe an. Dann lassen wir uns von elektrischem Weihnachtsglitter leiten, dunklen Worten, schrägen Ideen oder schlicht von der menschlichen Maßlosigkeit. Wer aber irgendwann in die Lage kommt sein Geschenk auszupacken, der weiß, was er bekommen hat.
Es gibt Momente im Leben, da sehen wir den Stern plötzlich über uns leuchten. Und wir erstrahlen in seinem Licht und fühlen uns getragen, geborgen, begleitet. In anderen Momenten, wenn wir beschäftigt sind und irgendetwas dringend wollen, kann es sein, dass er ein wenig hinter uns zurück bleibt. Dann stehen und gehen wir in seinem Schatten, weil wir uns in seinem Licht befinden. In wieder anderen Momenten, wenn er uns etwas zu sagen oder zu zeigen hat, dann leuchtet er vor uns und wir können, wenn wir aufmerksam sind, seiner Licht-Spur folgen.
Wenn aber der Stern nicht nur über uns, sondern in uns selber zu leuchten beginnt und andere Menschen sich an dem Licht, das wir ausstrahlen orientieren können, dann haben wir die Königswürde erreicht. Das Wesen eines guten Königs ist das Schenken. Wer schenkt gibt etwas von sich, teilt seine eigenen Gaben und schlägt damit eine Brücke zu seinem Nächsten, er berührt ihn. Ein König schenkt was er hat, etwas vom Licht seines Sterns: das kann in das Wahre, das Gute oder in das Schöne verpackt sein. König sein heißt, das Licht in sich selber entzündet zu haben und es in der Welt leuchten zu lassen – sich zu schenken.
Die drei Heiligen Könige sind dem Stern am Himmel gefolgt, um den Stern in der Krippe zu finden, der ihnen seitdem den Weg durch die irdische Welt zeigt. Dafür schenken die Könige der Welt ihr Licht, ihre Weisheit und ihre Güte.
Weder werden durch Königs- oder Sternenlichter Spannungen oder Konflikte gelöst, Kriege beendet oder Leistungsdruck minimiert aber das Licht, das leuchtet, wenn ein König unter den Akteuren – im Kleinen wie im Großen – ist, verliert etwas von seiner scharfen Eckigkeit und seiner gnadenlosen Rechthaberei. Das Licht wird etwas zarter, wärmer und vielleicht ein wenig heimeliger. Verzeihen, Gnade walten lassen und Schutz gewähren sind Güter, die ein König schenkt, wenn er das Licht des Sterns in sich trägt und weitergibt.
Und wenn sich die vielen leuchtenden Könige, die es auf der Erde gibt zusammentun (und eine Lichterkonferenz abhalten), dann entsteht am Himmel ein strahlendes Sternenmeer, das sich schützend über die Erde beugt und ihr hilft, die Dunkelheit und Kälte zu transformieren. Ich wünsche meinen Leserinnen und Lesern, dass sie ihrem Stern im Neuen Jahr Raum und Zeit geben, ihr eigenes Königslicht in die Welt schenken und sich zusammentun um gemeinsam zu leuchten.
Wer schenken kann ist wahrhaft Mensch. Wunderbare Gedanken in diesem Text - eine gelungene Trilogie!
AntwortenLöschenSchenke mit Freude, dann bekommst du den leuchtenden Stern für dich bestimmt zu sehen. Ich durfte das Leuchten des Sterns in den Augen meines Enkels sehen. Das war mein schönstes Weihnachtsgeschenk nach einem langen Krankenhaus- und Rehaaufenthalt.
AntwortenLöschenJede Gemeinschaft ein Tierzeichnen am Himmel des Sozialen. Das wäre das Ziel einer Kultur des Herzens.
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