Sonntag, 15. Juli 2012

Erklärung. Ohne dich würde ich heute vielleicht nicht schreiben


Du wartest auf meinen neuen Blogtext. Möglicherweise schaust du jeden Tag, ob sich etwas getan hat, ob ich wieder einen Text auf meinen Blog gestellt habe. Aber es tut sich nichts. Ich habe letzte Woche nichts eingestellt. Und ich habe noch immer keinen Text. Du bist eine treue Leserin und auch wenn du über alle Texte schweigst, so weiß ich doch, dass du sie wahrnimmst und dass du durch die Texte auf mich schaust.

Wenn ich Worte finden sollte, die beschreiben, warum keine Texte entstehen, so würde ich die Formulierung wählen, „weil ich zu voll und gleichzeitig zu leer bin“. Das sagt alles und nichts. Ich könnte auch schreiben: „Weil ich zu müde bin“. Oder: „Weil ich keine Zeit habe“. Oder: „Weil ich keine Lust habe, mir nichts einfällt, zu wenig Reaktionen kommen – weil mir die Worte nicht zu Gebote stehen“. Aber diese Sätze drücken nicht das aus, was es wirklich ist, denn es sind leere Worte.

Schreiben erfordert Mut, es bedeutet sich einem Thema zu stellen und es zu positionieren. Aus der unendlichen Vielfalt der möglichen Worte und Satzstellungen gilt es, eine stimmige Form zu finden. Und vielleicht liegt gerade darin mein Zögern etwas aufs Papier zu bringen. Was ist im Moment eigentlich relevant? Und was lässt sich tatsächlich so beschreiben, dass der Text Bestand hat? Wie schaffe ich es einerseits etwas hinzustellen und es andererseits beweglich zu halten?

Worte können Türen öffnen oder verschließen. Sie können Brücken bauen oder Abgründe schaffen. Abgesehen von ihrer Wirkung machen sie aber immer etwas sichtbar, hörbar, erahnbar – an der Oberfläche oder auch in der Tiefe. Worte können die Macht haben, mich in ihren Bann zu ziehen, oder sie können sich so aalglatt zeigen, dass ich keine Eingangstür finde und an ihnen vorbei gehe. Unerheblich ist dabei, ob ich die Schreibende oder die Lesende bin.

Abgesehen vom sprudelnden und hektischen Alltagsgeschehen, in dem die Worte oft dreifache Saltos schlagen, habe ich im Moment keinen Zugriff auf verlässliche Worte in mir, die nicht aus meinem Kopf sondern aus meinem Herzen kommen, und auf dem Papier (oder im Netz) Bestand haben. Die Welt ist voller Farben und flirrender Begebenheiten, ich staune, schaue zu, höre zu, bin immer wieder mal irritiert und hoffe darauf, dass meine Worte wiederkommen.

Evidentes Schreiben entsteht immer dann (fast) wie von selbst, wenn es mir entweder so richtig gut oder eben so richtig schlecht geht, dann strömen die Worte aus einer Tiefe und ich brauche mich nur noch des entsprechenden Flussbettes zu bedienen, in dem ich sie präsentiere.

Wenn sie aber aus einem luftleeren Raum kommen, in dem mir ihre wahre Bedeutung versagt bleibt, und ich sie einfangen muss, dann entziehen sie sich mir und führen ein Eigenleben, dann stellen sie sich mir nicht zur Verfügung und ich bleibe mit ihren leeren Hüllen zurück. Da mir aber Farben, Klänge oder andere Künste noch weniger zu Gebote stehen, so gedulde ich mich, bis die Worte zurückkehren und überbrücke die Zeit mit eigenen Texten.

Blogtexte sind eine persönliche Sache, eine freie Willensentscheidung und nur meinem Urteil und dem meines Lektors Untertan. Du aber bist angewiesen auf sichtbare und handfeste Worte, durch die du auf mich schaust, durch die du mich liest, an mir Anteil nimmst. (Oder spricht die Stille auch?)Und so geht es auch mir nicht anders, denn dein Schweigen wechselt seine Farben – je nachdem, wie ich mich präsentiere.

Wärest du nicht da, würde ich heute vielleicht wieder nichts schreiben. Ich danke dir!

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