Dienstag, 1. Juni 2010

Der Mensch. Anthropologische Grundfragen im Kontext institutioneller Pädagogik

Die Studierenden des berufsbegleitenden Masterstudiengangs der Pädagogik an der Alanushochschule haben sich in ihrer letzten Blockwoche mit der Frage nach der Bedeutung eines Menschenbildes beschäftigt. Was ist ein Menschenbild? Haben wir eins, brauchen wir eins? Was bedeutet ein Menschenbild für das persönliche Leben, für den pädagogischen Kontext? Braucht die Institution Schule ein ausformuliertes Menschenbild? Unterscheiden sich unsere Menschenbilder und was hat das gegebenenfalls für Auswirkungen?

„Der Mensch ist, was er als Mensch sein soll, erst durch Bildung.“ G.W.F. Hegel

Überraschend war, dass es gar nicht so einfach ist, über dieses Thema zu sprechen, obwohl alle Beteiligten emotional angesprochen waren und sich lebhaft ins Gespräch hineingestellt haben. Jeder hatte zu dem Thema etwas zu sagen, zu fragen, anzumerken oder einzubringen – gleichzeitig schwebte jedoch ein großes Fragezeichen bzw. eine tastende Stille über dem Gespräch.

„Leben in der Liebe zum Handeln und Leben lassen im Verständnis des fremden Wollens ist die Grundmaxime des freien Menschen.“ Rudolf Steiner


Wie geht man so ein Thema an, das einerseits so groß und andererseits so nah ist? Eigentlich müsste so eine Frage doch evident sein… Wir waren alle betroffen, berührt und verletzlich, aber auch engagiert, wortstark und überzeugt, denn wir sprachen ja gewissermaßen darüber, wie wir selber in der Welt stehen oder darüber denken, wie wir uns im Laufe unseres Lebens in die Welt gestellt haben.

„Als Naturwesen bleibt der Mensch an den Körper gebunden, als Geistwesen aber hat er Flügel.“ Platon

Inhaltliche Nähe und Ferne waren in den Gesprächen, die sich über eine Woche hinzogen gleichermaßen zu spüren. Da der Schauplatz der Frage nach einem Menschenbild die je eigene Seele und deren Positionierung in der Welt ist, brachte dieser Umstand dem Gespräch gleichzeitig eine Tiefe und eine Vorsicht.

„O welch ärmliches Geschöpf ist der Mensch, wenn er sich nicht über das Menschliche erhebt.“ Seneca

Noch schwieriger war es, ein Menschenbild konkret zu beschreiben. Was ist der Mensch eigentlich? Ein arrivierter Affe? Oder ein göttliches Wesen? Dazwischen tauchten kaleidoskopisch jede Menge Blickwinkel auf: Kultur- oder sozialanthropologischer Art, theologischer oder philosophischer Art, natur- oder geisteswissenschaftlicher Art.

„Ich habe auf dieser Welt kein ausgesprocheneres Ungeheuer und Wunder gesehen als mich selbst." Michel de Montaigne

Als Lehrer einer Schule, an der Kinder und Jugendliche unterrichtet werden, dürfte es in meinem Handeln einen großen Unterschied machen, ob ich den Menschen als Maschine denke oder als ein verkörpertes geistiges Wesen. Mal ganz abgesehen davon, welchen Lern- oder Entwicklungsbegriff ich vertrete. Ein christliches Weltbild kann sich von einem naturwissenschaftlichen schon enorm unterscheiden, je nachdem, an welcher Stelle der Ausgangspunkt ist.

„Das Bild der Natur zeigt mir nur Ebenmaß und Harmonie, das Bild des Menschengeschlechtes nur Verwirrung und Chaos.“ Jean-Jacques Rousseau

Und damit wären wir bei der dritten Frage, die aufgetaucht ist: Wo unterscheiden sich Menschenbild und Weltbild voneinander und wo verschränken sie sich – und welche Auswirkungen haben sie aufeinander? An dieser Stelle sind unsere Gespräche immer wieder an die Frage gestoßen, ob ein Menschenbild überhaupt nötig ist. Darüber gibt es wahrhaftig unterschiedliche Meinungen – nicht zuletzt deswegen, weil eine eindeutige Beantwortung der Frage so schwierig ist.

„Mensch sein heißt, das gegenüber seiende Wesen sein.“ Martin Bube
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Festzuhalten war, dass jeder von uns ein mehr oder weniger bewusstes Menschenbild – und damit auch eine Weltanschauung! - in sich trägt. Für den pädagogischen Kontext ist die Bewusstwerdung des eigenen sowie des institutionellen Bildes nicht unwesentlich. Deutlich war ebenfalls, dass es im gemäßigten Bereich keine einfache Beurteilung gibt, weil die Konsequenzen nicht unmittelbar absehbar sind. Die weiterführende Frage ist, was mit der nachfolgenden Generation passiert, wenn wir diesen Fragen – und Antworten! – auf Grundfragen des Lebens, insbesondere der Erziehung, die den Boden auf dem wir gehen ausmachen, ausweichen.

„Dieses Seiende (der Mensch) hat den Ursprung seines Seins in der Sorge.“ Martin Heidegger

1 Kommentar:

  1. Hallo....ich schreibe gerade eine Diplomarbeit und habe das Zitat von Martin Buber verwandt, allerdings vergessen, die Literaturangabe dazu anzugeben. Haben sie zufällig noch die Quelle zu dem Zitat von Martin Buber "Mensch sein heißt, das gegenüber seiende Wesen zu sein"? Das wäre sehr freundlich!!!! Danke :)

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