Sonntag, 17. Oktober 2010

Schokoladen- und Kaffeeverbrauch. Eine Woche an der Alanus-Hochschule

Unser Kern besteht aus elf Personen. Zwei Männern und einem Schwung Frauen. Zwischen Mitte zwanzig und Mitte fünfzig. Aus ganz Deutschland angereist. Sieben ganze Tage waren wir zusammen, je zehn Stunden – oder mehr. Und einen Abend und einen Vormittag. Und wir werden uns wieder treffen. In vier Wochen. Zu einem weiteren der vorgegebenen Themen. Bildungshunger treibt uns, führt uns zusammen – die Freude daran, uns Themen zu nähern, Ideen zu teilen, Horizonte zu erweitern, Tiefen zu erkunden. In den jeweiligen Einheiten stießen Experten zu uns. In „unseren“ Raum: Semi10 – im ersten Obergeschoß.

Da kam jemand, der mit uns über Qualitätsentwicklung sprach, vornehmlich an Schulen. Mit seiner kräftigen Stimme und seinen dunklen, leuchtenden Augen führte er uns in Prozesse ein, die gewährleisten können, dass Vorhaben nicht nur Ziele bleiben, sondern tatsächlich auch durchgeführt werden können. 12 Prozesse gäbe es zu durchschreiten, jeweils in 7 Schritten. Staunend hörte ich zu, was es dabei alles zu bedenken gibt, wenn es gilt, in einem größeren Rahmen ohne Direktor zu einer Einigung zu kommen.

Und dann kam jemand, der unser Augenmerk auf das Gespräch an sich lenkte. Welche inneren Voraussetzungen braucht es für die Beteiligten, in ein wirkliches Gespräch miteinander zu kommen, was sind die äußeren Gegebenheiten, die helfend oder störend wirken? Unser Experte, ein gemütvoller und warmherziger Mensch, der uns drei Buchtitel nannte und uns ansonsten in Gespräche verwickelte, ist ein Mann, der aus Erfahrung spricht. Und so war es auch das, zu was er uns einlud: Gesprächserfahrungen zu machen.

Im Gegensatz dazu kam in manchen Nachmittagsstunden jemand, der (fast) jedes seiner Worte, die er zu uns sprach, schon vorher aufgeschrieben hatte und uns einen ganzen Haufen Papier übereignete. Strukturiert, geplant, gezielt – meine Damen, meine Herren! – bot er uns Wissen zum Thema der Selbstverwaltung, respektive Selbstgestaltung an. Da gibt es viel zu wissen, zu bedenken und klug zu changieren. Wenn eine Frage aufkam, so wurde sie stets umfassend, direkt und klar beantwortet.

Mehr der Geisteswissenschaft zugewandt, waren die Morgenstunden. Philosophische Grundfragen über Möglichkeiten und Grenzen des menschlichen Denkens. Reines Denken – ist das möglich? Stets makellos gekleidet, wurden wir vom Rektor in das Denken Steiners, Kants und Nietzsches zum Thema der Freiheit des Menschen eingeführt. Unsere konzentrierte Arbeit führte zu spannenden Gedankengängen. Welche Triebfeder ist es eigentlich, die uns in diese oder jene Richtung treibt, und wie ist es mit den Motiven, die Handlungen zu Grunde liegen?

Einen anderen Blickwinkel nahmen wir ein, als es um die Grundlagen des Menschen ging. Wie steht es mit den Ebenen des Denkens, des Fühlens und des Wollens – wissen wir, was wir wollen, können wir fühlen, was wir denken, wollen wir das, was wir tun? Mit sanfter aber bestimmter Stimme wurden wir immer wieder eingeladen, den fast hundert Jahre alten Text auf unsere Gegenwart herunter zu brechen und zu versuchen nachzuspüren, ob wir verstehen, was wir lesen, ob wir wissen, was wir sagen – und dann auch noch, ob das lebbar ist.

Ganz anders ging es in den eigentlich lähmenden Mittagsstunden zu. Da wurde zur Abwechslung nur wenig gelesen. Aber es war natürlich auch die Sprache, es waren Worte, um die es ging. Worte und Bedeutungen erleben, erspüren und ausdrücken. Jeder von uns wählte sich ein Gedicht und den anderen oblag es dann, dies sich bewegend, sich positionierend, sich darstellend zu verkörpern. Ein Expertenteam bemühte sich um uns – um unsere Stimmen und Betonungen und um unsere Bewegungen, unseren Ausdruck. Sie mit herber, herausfordernder Stimme und ungebrochenem Bewegungsdrang, er mit sanfter und einfühlender Stimmlage sowie einer feinen Wahrnehmung für die stimmlichen Schwankungen.

Der Schokoladen- und Haribo-Verbrauch stieg im Verlauf der Tage deutlich an – hinzu kamen unendlich viele Tassen Kaffee und ich weiß nicht, was noch alles. Hie und da kam „nach müde blöd“ – was der Stimmung immer gut tat – ein Wunder, wenn man bedenkt, aus welch unterschiedlichen Zusammenhängen wir kamen und wie anstrengend die gesamte Blockwoche war. In diesem Sinne gilt es zu verdauen, was es „essen“ gab - ich freue mich schon auf die nächste „Fütterung“.

Wer mehr erfahren möchte: Berufsbegleitender Masterstudiengang in Pädagogik. (Schwerpunkt Waldorf- und Reformpädagogik) Alanus Hochschule Alfter bei Bonn. www.alanus.edu

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen