Sonntag, 2. Februar 2014

Dieses Mal in Bonn: Lorenzo il Magnifico


Die Kopf- und Schulterbüste von Lorenzo il Magnifico ist in Rottönen gehalten, die sich ins Braun und Violett neigen. Sie ist lebensgroß und präsentiert den ersten Bürger der Stadt Florenz am Ende des 15. Jahrhunderts. Dieser ist bürgerlich gekleidet, trägt die klassische Kopfbedeckung, den „mazzocchio“ und um seine Schultern ist ein lockerer Schal geschwungen.

Wimpern, Barthaare und Falten sind bei genauem Hinsehen sichtbar, sogar die Pupillen seiner Augen sind farblich angedeutet. Das kräftige Kinn steht ein wenig hervor, die Lippen sind fest verschlossen, die Unterlippe hat mehr Volumen als die Oberlippe. Darüber prangt eine kräftige Nase, die ihm jedoch, laut Legende, nicht zum Riechen zur Verfügung stand.

Braune Haare begrenzen das beeindruckende und unverwechselbare Gesicht auf beiden Seiten. Die Mütze hängt auf der einen Seite bis auf die Schultern, der Schal auf der anderen Seite über die Brust. Der Ansatz der Arme lässt vermuten, dass sie bei einer imaginären Weiterführung gerade am Körper herabhängen. Die Augen von Lorenzo sind geöffnet.

Es scheint, als schaue er auf seine Stadt, seine Freunde, auf schöne Frauen, vielleicht auch auf seine Feinde – auf das, was auf ihn zukommt und ihn umgibt. Gleichzeitig wirkt er sehr ernst, er schaut auch nach innen, in sich hinein und gleicht Äußeres mit Innerem ab, der Blick aus seinen Augen ist der Schnittpunkt der Lemniskate zwischen dem, was er sieht und dem, was er fühlt.

Neben der Büste liegt auf der einen Seite sein Verschlüsselungscode für geheime Briefe an seine Mitarbeiter in verschiedenen Bankhäusern und auf der anderen eine Gedichtsammlung mit Gedichten von ihm selbst, von Poliziano und Luigi Pulcci. Vor der Büste liegt eine Medaille, auf der sein Bruder Giuliano, der bei der Pazzi-Verschwörung ums Leben kam, und er zu sehen sind.

Was Lorenzo sieht (eine ganze Menge dynamische Verhältnisse) und fühlt (Verwirrung, Sanftheit und Sehnsucht) lässt die Büste erahnen, nicht aber, was er tut – seine Hände sind nicht zu sehen. Lorenzo, so erzählen es die Geschichten, war ein Mann der Tat, er hatte viele Zügel in der Hand und konnte auch manches, was unmöglich erschien, möglich machen. Lorenzo war ein mächtiger Mann.

Seine Totenmaske, die in Bonn nicht ausgestellt ist sondern in Florenz zu sehen ist, zeigt ein Gesicht, das sich von der Außenwelt abgewandt hat, seine Augen sind geschlossen. Was bleibt ist ein Abbild dessen, was zwischen irdischer und geistiger Welt gelebt hat – die einzige „Fotographie“, die es von Lorenzo gibt. Ein Mann, der sich mit 42 Jahren zurück gezogen hat, der nicht mehr weiter konnte.

Barthaare, Wimpern und Augenbrauen zeigen etwas vom Leben, das der Transformation anheimgestellt ist. Irdisches wird Geistiges und Seelisches schwingt dazwischen. Manches lässt sich auch heute noch auf der Erde erahnen, anderes hat sich im Universum verteilt. Diese Totenmaske macht betroffen, erschüttert und bekümmert.

Was bleibt ist die Frage, was übersehen wird, was sich hinter dem Glanz der aufbrechenden Renaissance versteckt, was durch die vielen Worte, Bilder und Skulpturen verschwiegen wird, was das Geheimnis zwischen mir und dir ist. Wo ist der Schnittpunkt zwischen Hell und Dunkel zu finden, warum wird der Blick auf das Offenbare gelenkt und die Sicht ins Unermessliche versperrt?

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