Freitag, 31. Dezember 2010

Weihnachtsfrage VIII

Wie fühlst du dich, wie geht es dir - im Schnittpunkt zwischen Gestern und Morgen, zwischen dem vergehenden und dem kommenden Jahr?

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Weihnachtsfrage VII

Was stellst du dir vor, wenn du an die Zukunft denkst - den Zeitenstrom der vor dir liegt - welche Ahnungen - oder sogar Intentionen - hast du?

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Weihnachtsfrage VI

Welche Rätsel beschäftigen dich zwischen Himmel und Erde, wem oder was willst du nachgehen?

Dienstag, 28. Dezember 2010

Weihnachtsfrage V

Was bereust du, was hast du vergessen, was willst du anders machen?

Montag, 27. Dezember 2010

Weihnachtsfrage IV

Was bedeutet dir Weihnachten - die heilige Zeit - was verbindest du damit und wonach sehnst du dich wirklich?

Sonntag, 26. Dezember 2010

Weihnachtsfrage III

Worauf wartest du - wenn du von dir auf die Welt schaust, und aus der Welt auf dich schaust - und was erhoffst du dir von deiner Erwartung?

Samstag, 25. Dezember 2010

Weihnachtsfrage II

Welche Bilder entstehen in dir, wenn du zurückschaust, wenn du an Weihnachtsfeste deiner Kindheit denkst?

Freitag, 24. Dezember 2010

Weihnachtsfrage I

Was wünschst du dir, wem oder was möchtest du zu einer Geburt verhelfen?

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Zwischen den Zeiten: Fragen für die heiligen Nächte 2010/11

Liebe Leserinnen und Leser, Fragen bewegen. Sie erhellen, beleuchten, führen und leiten uns – wenn wir das wollen. Sie lassen uns die Vergangenheit verstehen, tragen dazu bei, die Gegenwart zu leben und die Zukunft zu gestalten. Fragen eröffnen innere, und manchmal auch äußere Räume, Fragen führen in die Tiefe, in die Höhe und in die Weite.

Ich habe für die Weihnachtszeit, die heiligen Nächte, Fragen vorbereitet. Und ich werde sie, beginnend mit dem 24.12., jeweils nachmittags auf meine Blogseite stellen. Mein Wunsch und meine Vorstellung sind, dass die Nacht diesen Fragen innere Räume zur Verfügung stellt, in denen sie sich bewegen können. Hiermit möchte ich euch alle herzliche einladen, daran teilzunehmen, diese Fragen zu lesen, sie mitzunehmen, ihnen nachzulauschen und darauf zu achten, was entsteht.

Fragen können von innen aus uns selber geboren werden oder von außen auf uns zu kommen. Sie können uns umringen und neue Wege zeigen. Es gibt Fragen, die sich auf die gedankliche Ebene beziehen, genauso wie auf die gefühlsmäßige oder die willentliche Ebene. Fragen können wie innere Motoren wirken, die ganze Berge versetzen.

Wir leben heute in schnellen Zeitstrukturen, in einer scheinbaren Antwortkultur. Überall gibt es Fachleute, die darum bemüht sind, unsere alltäglichen Fragen schnell zu beantworten, Nöte zu beseitigen und Unsicherheiten abzumildern. Meistens spielt dabei das Geld eine Rolle. Aber das ist nicht alles, denn es gibt Fragen, die sich nicht einfach beantworten oder organisieren lassen. Fragen, die einen offenen Raum erbitten, die das Persönliche, Unübliche, Ahnende, Träumerische oder Unvollständige suchen. Fragen, die getragen werden wollen.

Die Weihnachtszeit ist eine besondere Zeit dafür, denn die Welt hält einen Moment inne. Diese Zeit kann eine Stille entstehen lassen, unser Herz öffnen und innere Räume ermöglichen. Egal wo wir sind, egal was wir machen. Es heißt, dass wir in den heiligen Nächten eine unbewusste Begegnung mit unserem höheren Selbst haben können. Es ist eine Zeit, in der sich Himmel und Erde nah sind. Eine Zeit des Rückblicks und des Vorblicks, eine Zeit des Dazwischens, ein Zwischenraum. Aber auch eine Zeit, in der der Moment, die Gegenwart von besonderer Bedeutung ist. Es sind Tage zwischen Gestern und Morgen, und damit Tage der Gegenwärtigkeit - Vergangenheit und Zukunft verschmelzen im Jetzt.

Freuen würde ich mich über jede Art von Reaktionen auf die Fragen, die ich stelle. Das kann anonym oder mit Namen sein – gerne natürlich als öffentlichen Kommentar, damit alle daran teilhaben können, die das wollen. Es können Antworten sein, Verweise, Geschichten, Träume, Bilder, Gedichte, Zitate, Gedanken, Gefühle, Willensimpulse, weitere Fragen, oder sonst etwas… all dies muss nicht „verständlich“ sein, nicht erklärt oder begründet werden. Es geht gerade um das, was die Fragen auslösen, wohin sie euch lenken, was sie mit euch machen.

Meine Weihnachtsfragen für die heilige „Zwischenzeit“ kommen aus drei Bereichen: aus dem Bereich des Wunsches / der Sehnsucht, dem Bereich der Vorstellung / des Vorsatzes und aus dem Bereich der Entscheidung / des Entschlusses. Es sind die Fragen, die eine Verbindung zwischen Individuum und Welt schaffen, in dem sich die Welt im Individuum ausdrückt und umgekehrt. Und es sind Fragen, die den Zeitenstrom erlebbar machen, die von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft leiten. (Wer die Menschenkunde von Rudolf Steiner kennt, wird erahnen, warum ich diese Bereiche gewählt habe.)

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich eine schöne Weihnachtszeit, mit vielen Imaginationen, Inspirationen und Intuitionen und ein gutes, neues Jahr voller Fragen und Antworten! Herzlich, Sophie Pannitschka

Samstag, 18. Dezember 2010

Fügung. Öffnung im Dunkeln

Die Zeit vor Weihnachten ist weder von Ruhe noch durch besonders viel Besinnlichkeit geprägt. Anna versucht trotzdem in ihrer Mitte zu bleiben, aber sie spürt, dass sie schwankt, manchmal verliert sie den Überblick. Der Felsen in der Brandung ist zu einem wankenden Pfeiler im Wind geworden. Wenn sie die Augen schließt, spürt sie ihre Müdigkeit, ihre Traurigkeit, ihre Verlorenheit – zwischen all dem, was zu tun ist.

Gewöhnlich fällt sie in einen tiefen Nachtschlaf und erwacht nur durch einen schrillen Wecker in der Dunkelheit. Dieses Mal aber erwacht sie plötzlich, mitten in der Nacht – von sich aus – und es ist sehr finster um sie herum. Innerlich aber erahnt sie unmittelbar das Licht, das kleine, das da leuchtet. Sie spürt die Wärme ihres Körpers, hört ihr Herz klopfen, fühlt sich leicht und frei. Kurz bevor sie sich wieder umdrehen will um weiterzuschlafen, entscheidet sie sich wach zu bleiben.

Gegen die mahnenden Worte ihres Kopfes, der sich einschalten will und rationale Warnungen produziert: Sie solle schlafen, sich ausruhen für den kommenden Tag, Kräfte generieren, eben SCHLAFEN. Aber Anna ist wach. Und sie nimmt das an. Sie liegt ganz still und spürt, wie sich ihr Herz öffnet. Sie lauscht auf die Melodien der Nacht. Klingende Worte.

Die Nacht schenkt ihr also eine Freistunde, sie bekommt Urlaub – von ihrem Nachtschlaf – und nimmt das zögernd an. Sie erlebt den offenen Raum, der ihr gereicht wird und tritt in ihn ein. Sie steht auf und stellt sich ans Fenster. Es ist winterlich. Kalt. Und die Sternenfülle leuchtet warm und kalt am nächtlichen Himmel. Licht und Finsternis – so nah zusammen. Genauso wie die Leere und die Fülle, die sie gleichzeitig in sich spürt. Die Ruhe und der Auffuhr, die Bewegung und das Innehalten.

Schwierig wird es immer dann, wenn die Gegensätze miteinander ringen, wenn sie sich von ihrer Gegenseite angegriffen fühlen. Um ihren Platz, ihre Souveränität kämpfen. Wenn die gegenseitige Anerkennung ausbleibt. Ohne Licht kein Schatten, ohne Schatten kein Licht. Das lässt sich denken. Welche Gefühle entstehen aber, wenn diese Weisheit nicht gedacht, sondern erlebt wird?

Anna spürt, wie sie innerlich weiter wird, sich ausdehnt. Sie steht noch immer am Fenster, ganz still. Und sie nimmt Anteil an der Vergangenheit und an einem Hauch der Zukunft, sie fühlt den Zeitstrom. Und spürt plötzlich, dass sie zu einem kleinen Stern wird. Sich einklinkt. Mit dazugehört. Still laufen ihr die Tränen die Wangen hinunter, kleine Sterne auf die Erde.

Menschen erscheinen auf ihrer Herzinnenseite. Und sie spürt, wie sich ihr Schicksalsnetzwerk in ihr zu regen beginnt – obwohl die Menschen alle an irgendeinem Ort schlafen werden, träumen… vermutlich. Oder gibt es noch jemanden, der jetzt wach ist? Den Sternenhimmel betrachtet? So wie sie - und sich von seinem eigenen Herzen erobern lässt?

Wie Sternschnuppen kommen die Worte. Fügen sich. Und fügen sie. Ganz so, wie es Anna aus einem Gedicht von Erich Fried kennt. Und sie dankt, ja wem?, vielleicht sich selbst – für diese nächtliche Stunde, allein, am Fenster mit dem winterlich kalten Sternenhimmel, der sie wieder zusammenfügt.

Fügungen

Es heißt
ein Dichter
ist einer
der Worte
zusammenfügt

Das stimmt nicht

Ein Dichter
ist einer
den Worte
noch halbwegs
zusammenfügen

wenn er Glück hat

Wenn er Unglück hat
reißen die Worte
ihn auseinander

Erich Fried

Samstag, 4. Dezember 2010

Taubenblau und Morgenrot. Sie und Er

Sie stieg an einem taubenblauen Nachmittag, dessen Farbe sich langsam ins Gräuliche verwandelte, aus dem Zug. Das letzte Sonnenlicht des kurzen Tages rang noch mit den Wolken, die sich kräftig in den Vordergrund schieben wollten. Es war die Stille vor einem Gewitter, die jeden Schritt gewichtig erscheinen ließ. Sie wandte sich westwärts, um die Glut am Himmel, so sie denn erscheinen würde, nicht zu verpassen. Wer würde siegen, die letzten Sonnenstrahlen oder die ersten Regentropfen? Hinter ihr lagen die Stunden der Reise, vor ihr die der Begegnung. Sie schlang ihren grauen Schal mehrmals um sich und blickte mit ihren blauen Augen in die bekannte Richtung.

Er war in der ersten Morgenröte am Flughafen angekommen. Der Himmel schien noch unberührt und es war sichtbar, dass die Vögel ihre Freiheit genossen. Es war noch Nacht gewesen, als er aufgestanden war, nun war er froh, dass ihn das Licht des Tages langsam umschlang. Er genoss es, den Vögeln am Himmel zuzuschauen, wie sie ihre Kreise zogen und ihre Flüge weiter werden ließen. Er selbst fühlte sich elend, mit seiner Tasche in der Hand und dem Hut auf dem Kopf. Es würde eine Tortur werden. Aber er war bereit. Tief sog er die Luft in seine gemarterten Lungen, bevor er das Flugzeug bestieg, das ihn in die alte Heimat bringen würde.

Sie lief ohne ihr Gepäck durch die alten Straßen. Sie hoffte, dass sie noch eingelassen werden würde. Die Öffnungszeiten waren ihr nicht geläufig. Sie kannte die Anlage nur aus der Zeit, als darin noch gelebt wurde. Als es noch ein Jetzt gab, eine lebendige, arbeitsame und harte Gegenwart. Als sich die Zeitströme noch bewegten, die Zukunft sich der Gegenwart immer wieder aufs Neue näherte und sich durch sie gebären und befeuern ließ, bevor sie zur Vergangenheit wurde. Nun gab es nur noch den Rückblick – den Blick zurück. Alles war Vergangenheit geworden, die Gegenwart längst gestorben und die Zukunft unerreichbar fern. Das mittelbare Leben hatte aufgehört, die Anlage entblößte ihre Gemäuer für Besichtigungszwecke – gegen ein geringes Eintrittsentgelt.

Er schlief nach dem Start des Flugzeugs ein. Wirre Träume durchdrangen sein Inneres. Ihm wurde schwindelig davon. Als er erwachte wusste er, dass er eine wichtige Mitteilung bekommen hatte. Wie konnte er sich daran erinnern, was war es gewesen? Panik überkam ihn. Er blickte sich um und sah die Mitreisenden an. Keinen von ihnen hatte er je vorher gesehen. Er hatte sein Zeitgefühl verloren und er wusste nicht, wo er war. In diesem jämmerlichen Zustand, den er auf seine Gedankenlosigkeit schob, schloss er die Augen wieder, um vor der Vergangenheit und der Zukunft in einen weiteren Traum zu fliehen.

Sie…

Er…

Taubenblau und Morgenrot.